Ziel der regenerativen Medizin ist es, geschädigte Zellen, Gewebe und Organe durch innovative Methoden wie Zell- und Gentherapie zu regenerieren. Während bei der Gentherapie genetisches Material verwendet wird, um Zellfunktionen zu verändern, werden bei der Zelltherapie lebende Zellen transplantiert. Vor allem die CAR-T-Zelltherapie zeigt Potenzial bei Krebs, ist aber teuer und ethisch umstritten. Die weltweite Forschung strebt eine breitere Anwendung an, aber der ungleiche Zugang und die Risiken erfordern eine sorgfältige Abwägung und internationale Zusammenarbeit.
Regenerative Medizin und Zelltherapie: Der Weg zu neuen Heilmethoden
Der Begriff der regenerativen Medizin bezeichnet ein interdisziplinäres Forschungsgebiet, das sich mit der Wiederherstellung von funktionsgestörten Zellen, Geweben und Organen befasst. Ziel ist es, verschiedene Erkrankungen durch die Entwicklung innovativer Heilmethoden zu behandeln. Dabei wird der Einsatz von biologischem Ersatz, beispielsweise in Form von gezüchteten Geweben, erforscht, um neue Wege in der Medizin zu beschreiten.
Therapieformen
Innerhalb der regenerativen Medizin wird zwischen zwei wesentlichen Therapieformen unterschieden: Der Gentherapie sowie der Zelltherapie. Im Rahmen der Gentherapie findet der Einsatz genetischen Materials bei der Behandlung und Prävention von Krankheiten statt. Die Übertragung genetischen Materials führt zu einer Transformation der Art und Weise, wie ein einzelnes Protein oder eine Proteingruppe von der Zelle produziert wird. Im Zuge einer Zelltherapie werden funktionsfähige, lebende Zellen in Patient*innen übertragen, mit der Intention einer Linderung oder Heilung der vorliegenden Erkrankung. Es wird zwischen „autologen“ und „allogenen“ Zellen differenziert, wobei autologe Zellen von Patient*innen, und allogene Zellen von Spender*innen, stammen. Ein Beispiel für den Einsatz der Zelltherapie ist beispielsweise die Transplantation von Blutstammzellen bei Leukämie.
Vorgang der Zelltherapie
Um eine Stammzellensammlung durchzuführen, müssen zuerst Stammzellen aus dem Knochenmark in das periphere Blut gelangen. Das kann sich entweder nach einer Chemotherapie oder mit Wachstumsfaktoren wie G-CSF, beispielsweise als tägliche Spritze verabreicht, ereignen. Durch dieses Verfahren verstärkt sich die Zellteilung und die daraus entstandenen Stammzellen gelangen ins Blut. Wenn genug Stammzellen im Blut vorhanden sind, erfolgt die Apherese.
Bei dieser wird Blut entnommen, indem dann die Stammzellen isoliert und gesammelt werden. Das Blut wird später wieder zurückgeführt. Es ist möglich, dass dieser Prozess bis zu sieben Stunden dauert. Bei guten Venenverhältnissen können beide Arme genutzt werden, ansonsten wird ein zentraler Venenkatheter benutzt. Die gesammelten Stammzellen werden in der speziellen Lösung aufbewahrt, eingefroren und bis zu zehn Jahre lang gelagert.
Anwendungen und Zukunft
Stammzellen gelten als bedeutender Hoffnungsträger für die zukünftige Medizin. Ihr Einsatz im Körper zur Regeneration von altem oder beschädigtem Gewebe ist ein vielversprechendes Konzept, das jedoch gegenwärtig noch in der Erforschung begriffen ist. Die Anwendung dieser Behandlungsmethode bei Krankheiten wie Parkinson oder Diabetes ist derzeit noch nicht praxisreif. Hingegen hat sich die Stammzelltherapie bei der Behandlung von Blutkrebs (Leukämie) und Knochenkrebs (Myelomen) als vielversprechend erwiesen. Auch Erkrankungen des Bewegungsapparates, der Haut sowie der Hornhaut und Verletzungen können auf der Grundlage von Stammzellmedizin mittels Gewebetransplantationen behandelt werden. Obwohl weltweit intensiv an Stammzellmethoden geforscht wird und im Rahmen von klinischen Studien immer wieder Fortschritte erzielt werden, kann die Zulassung solcher Stammzelltherapien durch eine Arzneimittelbehörde noch Jahre dauern.
Risiken und Nebenwirkungen
Gegenwärtig werden ungeprüfte Stammzelltherapien zur Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen angeboten. Auch im ästhetischen Bereich wird die Wirksamkeit von Stammzellen beworben, um eine dauerhafte Schönheit zu bieten. Auch hier ist jedoch Vorsicht geboten, da diese Behandlungen möglicherweise mit Risiken verbunden sind. Dies ist ebenfalls bei Behandlungen gegen das Altern, gegen Burn-Out, Impotenz und viele weitere potenzielle Anwendungen zu bedenken. Bei diesen angepriesenen Methoden werden dem Patienten beziehungsweise der Patientin oftmals adulte Stammzellen entnommen. Diese sind bereits spezialisierte Reservezellen, die nur bestimmte Zelltypen hervorbringen können. Die adulten Stammzellen werden vermehrt und später wieder zurückgespritzt. Die Erwartung ist, dass die Zellen eine heilende Wirkung entfalten. Solche Eingriffe können schwerwiegende Komplikationen (in seltenen Fällen sogar tödliche) verursachen. Die signifikantesten Risiken dieser Therapien sind beispielsweise Infektionen und überschießende Reaktionen des Immunsystems, wobei auch die Möglichkeit der Entstehung von Tumoren nicht ausgeschlossen werden darf. Auf der anderen Seite kann solch ein Eingriff wirkungslos sein, da die Injektion von Stammzellen nicht zwangsläufig zu einer Heilung oder Linderung der Symptome führt. Auch Nebenwirkungen wie Übelkeit, Haarausfall, Unfruchtbarkeit, Erbrechen und Grauer Star können beim Einsatz dieser Methoden auftreten.
Zelltherapie bei Krebserkrankungen: CAR-T-Zell-Therapie
Die CAR-T-Zell-Therapie stellt eine Form der Immuntherapie dar, die bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen zum Einsatz kommt, bei denen konventionelle Behandlungsmethoden keinen Erfolg gezeigt haben. Die T-Zellen, die zum Einsatz kommen, sind eine Untergruppe der Leukozyten des erworbenen Immunsystems und dienen der Abwehr von kranken und defekten Zellen. Die Identifikation von Antigenen durch T-Lymphozyten setzt voraus, dass diese auf einer körpereigenen Zelle präsentiert werden, und zwar mittels eines Antigenrezeptors. In der Folge können T-Lymphozyten bei einer Krebserkrankung die Krebszellen oft nicht als solche erkennen und nicht abtöten.
CAR steht für den „chimären Antigenrezeptor“ und ist ein im Labor synthetisch hergestellter Rezeptor, der als genetisch veränderte Information in das Genom der T-Zelle eingebaut wird. Dieses Protein ist auf der T-Zelloberfläche sichtbar und kann vorhandene Krebszellen im Körper erkennen. Durch das Erkennen wird diese Zelle aktiviert und kann die bösartigen Zellen im Körper bekämpfen.
Kosten und Zugänglichkeit
Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viel so eine CAR-T-Zell-Therapie kostet? Die allgemeinen Kosten in der Europäischen Union belaufen sich für diese Methode auf einen Betrag zwischen 250 000 und 300 000 Euro. In der Regel werden diese Kosten jedoch von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten ist die Behandlung in einem zertifizierten Zentrum. Die vorhergenannte Therapie wird in Kliniken für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie durchgeführt, die sich auf diese Methode spezialisiert haben.
In Europa sind solche CAR-T-Zelltherapien wie „Kymriah“ und „Yescartra“ zugelassen. Europäische Länder, in denen diese Therapien Einsatz finden, sind beispielsweise Deutschland, die Schweiz, Österreich und Spanien. In Nordamerika sind die USA sowie Kanada in der Entwicklung und Anwendung dieser Therapien führend, wobei auch in Nordamerika zahlreiche klinische Studien durchgeführt wurden. Der Zugang zu diesen spezifischen Therapiemöglichkeiten ist derzeit jedoch stark eingeschränkt. Insbesondere in Entwicklungsländern mangelt es an spezialisierten Behandlungszentren.
Ethische Herausforderungen
Die ungleiche Verteilung von Therapien weltweit ist ein viel diskutiertes Thema, das ethische Fragen aufwirft. Darüber hinaus bestehen Bedenken, dass die Kommerzialisierung der Zelltherapie ethische Standards gefährdet und die Durchführung dieser risikobehafteten Behandlungen zur Gewinnmaximierung fördern könnte. Ein bedeutender, ethischer Aspekt der Zelltherapie ist die genetische Modifikation von Zellen, wie sie beispielsweise bei der CAR-T-Zelltherapie zum Einsatz kommt. Die Wahrnehmung und Akzeptanz von Zelltherapien werden von unterschiedlichen religiösen und kulturellen Überzeugungen beeinflusst. So wird die Nutzung embryonaler Stammzellen von einigen Religionen strikt abgelehnt.
Zukünftige Forschung und Zusammenarbeit werden eine entscheidende Rolle bei der verantwortungsvollen und nachhaltigen Erschließung des Potenzials der Zelltherapie spielen.